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The Hooters – Das Leben ist schön

Das Quasimodo ist ein wirklich schöner Liveclub mit geräumiger Bühne, weshalb die Location vor zehn, fünfzehn Jahren gerne angenommener Stopp für Bands wie Subway To Sally, Rage, Fischer Z oder UFO sowie regionale Helden wie Vanden Plas oder Deep Green Sunset war. In den letzten Jahren ist das Quasimodo allerdings eher verwaist, statt regelmäßiger Shows cooler, internationaler Clubbands gibt’s nur noch gelegentliche Malle-Partys und Coverband-Festivals. Symptomatisch auch die Auswahl des lokalen Supportacts: statt eines ambitionierten Newcomers spielt eine altgediente Eric Clapton-Tributeband auf. Alles gut und schön, die Herren (und Quoten-Damen im Background) haben hörbar viel geprobt, und natürlich verrichtet jeder Musiker kompetenten Dienst nach Vorschrift – aber es kann mir doch niemand erzählen, daß die Region nicht eine kreative, junge Band zu bieten hat, die gerne die Chance genutzt hätte, sich einem größeren Publikum vorzustellen. So gab es in den ersten Reihen Höflichkeitsapplaus und im Rest des Clubs verdientes Desinteresse – solche Bands passen prächtig aufs Dorffest, aber eben nicht ins Vorprogramm von The Hooters.

hoot1.JPG „Das Beeindruckende bei The Hooters ist, daß das anwesende Publikum vom ersten Ton ab vollkommen Teil der Show ist. Hier gibt’s kein Rumstehen mit verschränkten Armen, man tanzt, singt, freut sich oder lauscht andächtig mit geschlossenen Augen. Ohne Frage, die zeitlose Mischung aus Folkrock, Power-Pop und immer wieder auftauchenden Reggae-Elementen zieht im kleinen, verschwitzten Club mindestens genauso gut – wenn nicht besser – als auf der Hauptbühne des Sweden Rock-Festivals. Die Band klingt auch nach wie vor motiviert und vor allem frisch, selbst wenn der Großteil der Band die 60 mittlerweile überschritten haben. Das geht vermutlich nur dann, wenn man wirklich niemandem mehr etwas beweisen muss. Auffallend auch, daß die Songs live um Einiges rockiger, druckvoller und emotionaler wirken als in den Studiofassungen. Sympathiepunkte sammelt gerade Eric Bazilian nicht nur mit seinem kraftvollen Gitarrenpiel, sondern auch immer wieder mit ein paar in überraschend gutem Deutsch gesungenen Textzeilen und witzigen Ansagen. Erfreulich, daß die ganze Band oft den Publikumskontakt sucht und generell reichlich unprätenziös auftritt.

Zum Einstieg gibt’s – nach einem Snippet des Protestsongsklassikers ‚Eve Of Destruction‘ – das trotzige „mission statement“ ‚I’m Alive‘ von der bislangen letzten Studioscheibe „Time Stand Still“. Die Zeiten mögen hart sein, aber es ist völlig okay, sich trotzdem auch mal einfach nur gut zu fühlen – so schwer es oft fallen mag. Und The Hooters haben es einfach auch perfektioniert, trotz aller immer wieder durchscheinenden Melancholie ein positives Gefühl zu vermitteln. Natürlich werden während des weit über zwei Stunden dauernden Gig alle Radiohits präsentiert. Mit ‚Day By Day‘ und ‚All You Zombies‘ werden direkt im Anschluß zwei der bekanntesten Hooters-Songs rausgehauen – im Wissen, noch genug Gleichwertiges in der Hinterhand zu haben. Aber auch seltener Gespieltes wie ‚Morning Buzz‘ und ‚South Ferry Road‘ und Fan-Favoriten wie die Jahrhundertballade ‚Where Do The Children Go‘, bei der „Jungspund“ Tommy Williams, der die Band seit 2011 an Gitarre, Mandoline und Gesang verstärkt, in beeindruckender Weise den Gesangspart von Patty Smyth übernimmt, findet sich selbstredend im Set. So wird der „echte“ Fan ebenso zufriedengestellt wie der, der nur die Hits kennt. Und das sind ja auch schon so Einige: ‚500 Miles‘, ‚Private Emotion‘, ‚Karla With A K‘, Twenty-Five Hours A Day‘ und ‚Satellite‘ kennt jeder, der irgendwann in seinem Leben einmal Radio gehört hat. Die Band beeindruckt dabei mit der Selbstverständlichkeit, mit der sie auch bei diesen tausendfach gehörten Hits kleine Improvisationen und Jam-Parts einbaut, die originalen Arrangements clever ausbaut und so frisch und interessant hält. Entsprechend erreicht die Stimmung bei Besagten auch den ersten Höhepunkt, und nach ‚Johnny B.‘ (heute mit ‚Don’t Knock It Till You Try It‘-Snippet) und ‚And We Danced‘ endet nach 95 Minuten der reguläre Set.

hoot2.JPG „Natürlich lässt man sich nicht lange zur Zugabe bitten – und überrascht mit einem Akustikset. Da gibt’s dann eine Bluegrass-Version von ‚Deliver Me‘, das rare ‚Until I Find You Again‘, ‚Time Stand Still‘ und schließlich eine extrem launige Version des Rock’n’Rollers ‚Mr. Big Baboon‘ – von Eric Bazilian auf dem sechssaitigen Banjo gespielt. Der ebenfalls bislang viel zu selten gespielte Song zum Tourmotto, ‚Give The Music Back‘, wird um ein sehr atmosphärisches Intro erweitert, was den ehedem Gänsehaut erzeugenden Song nochmals aufwertet. Als Multiinstrumentalist Bazilian dann für das wunderbare Solo zum Saxophon greift, ist verdienter Szenenapplaus angesagt. Nach einer kurzen Erklärung gibt’s dann noch die von Bazilian respektive Hyman geschriebenen ‚One Of Us‘ und ‚Time After Time‘, die für Joan Osbourne und Cyndi Lauper zu Welthits wurden, nachdem sie vorher bereits im Hooters-Liveset ihren Platz gehabt hatten. Mit einem Augenzwinkern gibt’s dann als letzten Song des Abends ein auf Mandolinen (!) gespieltes, augenzwinkerndes Cover des Peter Schilling-Hits „Major Tom (Völlig losgelöst)“, der natürlich nach anfänglichem Schrecken doch noch von allen Anwesenden mitgekräht wird. Man kann natürlich vortrefflich darüber streiten, ob das notwendig war, wo doch Songs wie ‚Beat Up Guitar‘ oder ‚Blood From A Stone‘ aus dem Hooters-Backkatalog mit Sicherheit relevanter gewesen wären. Aber die Band hat ganz offensichtlich ihren Spaß, den Song zu „zersägen“, und, dann soll das auch so sein.

Wer die Gelegenheit hat, sich The Hooters live anzusehen, sollte diese Chance auf jeden Fall nutzen. Auch 37 Jahre nach Bandgründung (Bazilian und Hyman spielten sogar davor noch in der Progband Baby Grand) gibt es nur wenige Bands, die den Jungs aus „the town that rocked the nation, Philadelphia PA“ das Wasser reichen können.

Fotos: Thorsten Borowiak, ASS Concerts

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