Seit dem Jubiläums-Fest im Jahre 2015 findet die Night Of The Prog nunmehr nicht mehr nur an zwei, sondern gleich an drei Tagen Mitte Juli statt. Nachdem der Freitag durch den wunderbaren Auftritt von Spock's Beard gemeinsam mit Neal Morse und Nick D'Virgilio gekrönt worden ist, sind die Besucher natürlich gespannt, ob der Rest des langen Wochenendes da mithalten kann. Aber wir sind guter Dinge, denn auch für Samstag und Sonntag stehen noch einige progressive Leckerbissen auf dem Programm. Bei leicht bedecktem Himmel geht es dann auch pünktlich zur Mittagsstunde weiter mit der deutschen Band Seven Steps To The Green Door. Zwölf Jahre und vier Alben haben die Crossover-Progger schon auf ihrem Zettel, sind also erfahrene Musiker. Das Sextett erscheint in schwarzen T-Shirts mit lustigen "Zähl"-Sprüchen, wie zum Beispiel "Ich hasse Zählulitis" oder "Ich zähle bis Sieben". Die Vocals teilen sich Anne Trautmann und Lars Köhler, wobei sich die Sängerin zwischendurch noch moralische Unterstützung durch eine im Arm gehaltene Puppe holt.
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Die Jungs und Mädels von Frequency Drift aus Bayreuth sind ebenfalls alte Hasen im Geschäft, haben im Februar ihr siebtes (und hoffentlich nicht letztes) Album Last veröffentlicht und präsentieren damit schwerpunktmäßig auch Songs von dieser Platte. Live übernimmt Nadja Jaye jetzt die Vocals und zaubert zudem am Theremin elektronische Klangspielereien hervor. Das berührungslos gespielte Instrument erzeugt über die elektrische Aufladung des menschlichen Körpers ein elektromagnetisches Feld, wobei die Position der Hände über einer Art Antenne die Stärke der Veränderung eines Klanges beeinflussen. Danebensteht auch eine elektrische Harfe auf der Bühne und sorgt für Abwechslung und sphärische Klänge.
Die nächste Band wird als etwas Besonderes angekündigt, weil die Franzosen um Sänger und Mastermind Francis Décamps außerhalb ihrer Heimat nur selten zu sehen und zu hören sei. Die Menge ist also gespannt, als die Gens De La Lune nach etwas überzogener Umbaupause endlich die Bühne betreten. Was folgt, sind 75 Minuten, die es mehr als in sich haben. Wenn der Merch-Stand schon während des Auftritts "Ausverkauf" der aktuellen CD einer Band meldet, die bislang im Publikum kaum bekannt gewesen sein dürfte, spricht das ganz eindeutig für diese Band. Keyboarder Francis Décamps, der charismatische Sänger Jean Phillipe Suzan und seine Kollegen überraschen wohl jeden im Amphitheater mit einer unglaublichen Mischung aus kreativ geschriebenem klassisch-französischem Prog mit Texten in Landessprache und einer exzentrischen Darbietung mit wechselnden Bühnenoutfits und einer abwechslungsreichen Instrumentierung. Da kommen Xylofon, Akkordeon, regelrechte Synthie-Burgen inklusive dem durch Jordan Rudess bekannt gewordenen Continuum und schließlich auch ein klassisches Waldhorn zum Einsatz.
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Die Mischung kommt beim Publikum hervorragend an, und immer wieder sieht man Fans spontan zum Merchandise-Stand pilgern, um das aktuelle Album "Epitaphe" käuflich zu erwerben, das dann auch noch vor dem Ende des Auftritts ausverkauft ist. Den Gens De La Lune haben verdienterweise heute definitiv eine Menge Fans dazu gewonnen.
RPWL haben es nach diesem Highlight natürlich schwer, die Hochstimmung im Areal zu halten, aber sie schaffen es naturgemäß und mit viel Erfahrung, die Progger erneut zu begeistern, zumal sich die Musik ja auch erheblich vom Auftritt der Franzosen unterscheidet. Das Programm mit eigenen sowie Coversongs weiß zu gefallen, es wird King Crimson und Pink Floyd die Ehre erwiesen, und Band und Publikum genießen den Nachmittag. So soll es sein.
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Die niederländische Band Focus ist eine der ganz großen Nummern der Prog-Szene und auch vielen Fans außerhalb der Szene durch den Hit "Hocus Pocus" aus dem Jahre 1971 bekannt. Entsprechend ist die Stimmung am Siedepunkt, als Bandgründer Thijs van Leer und seine Kollegen mit dem Konzert beginnen. Und niemand wird enttäuscht. Focus bleiben ihrem Konzept treu und bieten überwiegend Instrumentalstücke. Zwischendurch gibt's ein furioses Schlagzeug-Solo. Beim Konzert überzeugt Thijs von Leer nach wie vor mit vollem Einsatz an der Hammond-Orgel oder seiner Querflöte. Die Band erntet verdient lauten und anhaltenden Applaus.
Weiter geht es direkt mit "Peter Panka's Jane". Manch einer hat sich vermutlich die Frage gestellt, wer denn Peter Panka und / oder dessen "Jane" ist. Ganz einfach: Peter Panka, der im Jahre 2007 an den Folgen eines Krebsleidens verstorben ist, war Sänger und später auch Schlagzeuger der 1970 gegründeten Band "Jane" und hatte mit ihr in den 70ern große Erfolge. Nach einem Streit um die Rechte existieren nun drei (!) verschiedene Formationen, die sich "Jane" nennen dürfen, eben mit entsprechenden Namenszusätzen. Peter Panka's Jane sind eher dem Hardrock als wirklich dem Prog zuzuordnen, aber haben ihre Wurzeln in der deutschen Krautrock-Szene der 70er Jahre, die auch den Prog in Deutschland maßgeblich beeinflusst hat. Und Spaß macht die Show allemal. Kernige Gitarren und ausufernde Synthiesequenzen vermischen sich in einer soliden Hardrock-Show.
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Nach den deutschen Urgesteinen folgen zum Abschluss des zweiten Festivaltages die britischen Space-Rocker von Hawkwind. Die legendäre Londoner Band ist seit 1969 im Geschäft und wurde unter anderem dadurch bekannt, dass Lemmy Kilmister von 1971 bis 1975 Bandmitglied war. Frontmann Dave Brock, aktuell einiges Überbleibsel der Originalbesetzung, stellt das neue Album "The Machine Stops" vor. Die Band ist Mitbegründer des Sub-Genres "Psychedelic Space Rock", und wahrlich könnte man die Musik wunderbar für die Vertonung einer (klassischen) "Raumschiff Enterprise"-Folge verwenden. Jaulende Synthies, elektronische Soundeffekte und auch hier, wie schon früher am Tag bei Frequency Drift, wieder der prägnante Einsatz des Theremins.
Die im Dunkeln natürlich perfekt zur Wirkung kommenden Lichteffekte und die psychedelischen Projektionen im Hintergrund sorgen für Atmosphäre und bescheren den Fans ein weiteres Highlight des an Höhepunkten wahrlich nicht armen Festivals, wobei der spacige Sound der Briten sicher nicht den Geschmack eines jeden Besuchers trifft, denn ein paar Leute haben das Gelände schon frühzeitig verlassen. Die restlichen erfreuen sich aber an einer nicht nur optisch reizvollen Darbietung der Extraklasse.
Auch zum zweiten Festivaltag gibt es eine Fotostrecke auf unserer Facebook-Seite
Hier geht’s weiter mit dem dritten Festivaltag.
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