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Sonata Arctica – Wölfe und Vodka in Hamburg


Bevor Sonata Arctica an diesem Oktobertag ihr neues Album The Ninth Hour den Hamburgern und allen für das Konzert Zugereisten auf die Ohren geben dürfen, sind zunächst die Kollegen von Twilight Force an der Reihe. Die schwedischen Powermetaller haben sich vor fünf Jahren formiert und gerade ihr zweites Album veröffentlicht. Die sechs Skandinavier geben gleich mal die Marschrichtung für den heutigen Abend vor: Epische Powermetal-Hymnen mit hohem Gesang und hohem Tempo. Inhaltlich geht es – wen wundert’s? – um Drachen, Krieger und Magie. Die Fantasytexte werden von Frontmann Christian Eriksson aka „Chrileon“ mit viel Inbrunst ins Mikrofon geschmettert, so dass schon beim Opener gute Stimmung in der Hamburger Markthalle aufkommt. Die Schweden zelebrieren eine knappe Stunde lange „Herr der Ringe“-Feeling mit spitzen Elfenohren, Schwert, Kapuzenkutten und großen Stäben.

Twilight_Force.jpg „Auf ihren Alben finden sich auch ein paar für das Genre eher ungewöhnliche Instrumente wie Laute, Cembalo und Geige, hierauf müssen wir heute live leider verzichten. Musikalisch kommt der Mix aus Bands wie Rhapsody oder Gloryhammer gut an bei den hanseatischen Fans. Das Metalvolk hat Laune, springt und tanzt und reckt die Fäuste in die heiße Luft. Apropos heiß: Die Markthalle ist unlängst renoviert worden, was man an den relativ frisch gestrichenen Wänden noch gut erkennen kann. Aber immer noch leidet der Saal unter einer unzureichenden Belüftung. 1000 dicht gedrängte Metaller in der gut gefüllten, aber nicht ganz ausverkauften Halle sorgen schon im Vorprogramm für buchstäblich heiße Luft. „Noch ein Bier, noch ein Bier!“ grölt ein Fan den Sabaton-Schlachtruf in die Pause zwischen zwei Songs. Chrileon nimmt es mit Humor. Zum Ende des knapp einstündigen Auftritts loben die Schweden die Hamburger Fans. „You have all fought well.“ Dabei soll die eigentliche Schlacht mit den Finnen von Sonata Arctica doch erst noch beginnen.

Sonata_Arctica4.jpg „Nach Twilight Force folgt aber zunächst eine rund halbstündige Umbaupause, in deren ersten Hälfte auch fleißig um- und abgebaut wird, dann passiert aber eine ganze Weile lang erst einmal gar nichts mehr auf der Bühne. Die neunte Stunde der zweiten Tageshälfte ist zur Hälfte vorüber, als dann endlich mit orchestralem Intro der Einmarsch der heutigen Helden erfolgt: Tony Kakko und seine Kollegen sind bereit. Die arktische Sonate kann beginnen.

Das neue Album The Ninth Hour steht natürlich im Zentrum des heutigen Programms, und so wird das Konzert auch gleich mit dem Doppelpack ‚Closer To An Animal‘ und ‚Life‘ eröffnet, der auch am Anfang der neuen CD steht. Dabei liefern die fünf Finnen von der ersten Sekunde an eine fesselnde Power-Metal-Show ab, der Sound ist druckvoll, der Gesang zumindest im vorderen Teil der Halle gut zu verstehen. Mit ‚The Wolves Die Young‘ steht der einzige Titel des Vorgängeralbums an, der Schwerpunkt liegt heute naturgemäß eher auf „The Ninth Hour“.

Nach ‚In Black And White‘ haben die Fans die Qual der Wahl: Der mit rot gefärbten Haaren auf der Bühne herumtänzelnde Frontmann Tony Kakko stellt dem Publikum drei Songs vor, nämlich ‚The Misery‘, ‚Tallulah‘ und ‚Shamandalie‘, und die Hamburger dürfen wählen, welchen sie gerne hören möchten. Das funktioniert kurz und knapp per Zuruf aus der ersten Reihe. Die Wahl fällt auf das wunderbare ‚Tallulah‘, das auch gleich für großen Applaus sorgt.

Sonata_Arctica3.jpg „‚Fairytale‘, ‚Among The Shooting Stars‘ und ‚We Are What We Are‘ sind weitere aktuelle Titel aus „The Ninth Hour“, die von den Klassikern ‚Full Moon‘ und ‚Abandoned, Pleased, Brainwashed, Exploited‘ eingerahmt werden. An dieser Stelle hält Tony Kakko seine Ansagen kurz, und die Band spielt sich tight und präzise durch das vielleicht etwas zu kurz geratene Programm. Später im Zugabeteil nutzt Kakko die Gelegenheit für eine Ansprache und dankt den Fans für ihren Ticketkauf und führt aus, wie wichtig Live-Musik ist und dass wir doch alle immer wieder auf Konzerte gehen sollen. Alles klar, machen wir, Tony!

Bei dem hymnenhaften Chören bei ‚The Ruins Of My Life‘ dirigiert der charismatische Frontmann das Hamburger Publikum. Vor der Bühne steigen immer wieder zischende Dampf-Fontänen in die heiße Luft hinauf und geben der ansonsten eher unspektakulären Bühnenshow ein wenig Open-Air-Stimmung. Der Schlagzeuger Tommy Portimo greift das Publikum immer wieder mit seinen Doublebass-Attacken an, und Henrik „Henkka“ Klingenberg wechselt laufend zwischen seinen beiden Keyboards hin und her. Nach ‚The Power Of One‘ verschwindet die Band kurz von der Bühne, lässt sich bis zur Zugabe aber nicht lange lumpen, ist quasi sofort wieder da, so dass mancher vielleicht gar nicht mitbekommen hat, dass bereits die Zugaben begonnen haben. Das Konzert ist nach gut 90 Minuten dann auch relativ schnell vorbei, Tony Kakko bedankt sich artig bei seinen Fans und führt noch ein kleines „Wer schreit am lautesten nach Vodka“-Spiel mit dem Publikum. Wenige Minuten nach 23 Uhr verlassen die Finnen dann endgültig die Bühne und lassen ein verschwitztes, aber doch glückliches Publikum zurück.

Sonata_Arctica2.jpg „Vergleicht man einmal die Setlisten der bisherigen Konzerte der Tour, so fällt die geringe Variation auf. Die heute in Hamburg gespielten Songs unterscheiden sich in der Reihenfolge nur unwesentlich von den Shows der letzten Tage in Schweden und Dänemark. Never change a winning setlist, könnte man sagen, aber ein paar Überraschungen oder der eine oder andere alternative Song hätten den Fans sicher gefallen. Immer wieder gern gehörte Fan-Favoriten wie ‚The Last Amazing Greys‘ oder der Stampfer ‚Flag To The Ground‘ fehlten im heutigen Set ebenfalls.

Was bleibt, ist ein Abend im Zeichen des routiniert gespielten skandinavischen Power-Metals, der die Fans erfreut haben dürfte, ohne wirklich neue Akzente zu setzen.

Setlist Sonata Arctica, Markthalle Hamburg, 12.10.2016

Closer To An Animal
Life
The Wolves Die Young
In Black And White
Tallulah
Fairytale
Full Moon
Among The Shooting Stars
Abandoned, Pleased, Brainwashed, Exploited
We Are What We Are
The Ruins Of My Life
The Power Of One

I Have A Right
Don’t Say A Word
Vodka

Fotos: Michael Buch

Eine Fotostrecke zum Konzert findet Ihr auf unserer Facebook Seite, weitere Bilder gibt es auch auf unserem Instagram Account.

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