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Our Season Draws Near

1476 sind genau so originell wie es dieser seltsame Bandname vermuten lässt. Einer Klassifizierung jedenfalls entziehen sich die Herren aus Neuengland vollkommen.

Es werden hier verschiedenste Stile und Spielweisen „irgendwie dunkler“ Musik zusammengepackt und schlußendlich kommt dabei etwas heraus, was man getrost als einzigartig bezeichnen kann. Es gibt ruhige, akustische Passagen nur mit Akustikgitarren und Gesang die in ihrer Zartheit und Zerbrechlichkeit an Neofolk-Größen wie In Gowan Ring erinnern. Die lärmenden Ausbrüche, die es gibt sind Spiegelbilder des klassischen Post-Metal von Alcest bis Anathema. Hin- und wieder wird das Gaspedal dann aber – immer noch auf eine harmonische, wärmende und irgendwie liebevolle Art durchgetreten und plötzlich klingt das nach Muse oder gar nach Placebo auf fiesestem Dope (das fantastische, rasante („Ettins“).
Da wird drauflosgerockt und gerifft, dass es eine Freude ist, bloß um sofort wieder in eine dieser akustischen Folklore-Passagen überzugehen. Wem das ganze jetzt zu wild klingt – mitnichten. Die Songs sind perfekt komponiert, wirken nie überkonstruiert sondern hochgradig natürlich, homogen und größtenteils auch in den harten, schnellen Parts wunderschön. Dieses Album verströmt eine düstere Wärme wie ein nebliger Spätsommerabend. „Winter Of Winds“ ist noch so eine Meisterleistung, was das kombinieren von massentauglichen Stadionhymnenrock und düsterer Grundstimmung angeht.

Manchmal klingt das, was 1476 hier zusammenrühren als seien Ed Sheeran und Joy Division Hand in Hand mit Tiamat („Solitude – Exterior“) vorbeigelaufen, bloß um dann bei „By Torchlight“ mit Ska- und Punk-Taktung zu jonglieren – und dabei die absoluten Ur-Wurzeln der Band zutage treten lassen, die irgendwann mal in der Punkszene zuhause war.

Von radiotauglichem Rausschmeißer über Neo-Folklore bis hin zu psychedelischem Prog-Folk bieten 1476 ein noch nie dagewesenes Spektrum an Musik, die trotz ihrer Seltsamkeit absolut zugänglich ist. Viel besser und vor allem viel eigenständiger kann man eingängige, düster-rockige Musik im Jahr 2017 nicht machen.
Spätestens beim abschließenden neunminütigen „Our Ice Age“ zieht die Band aus Salem selbst für den Gelegenheitshörer alle Register des Art-Folks.

Wunderschöne und trotz immer vorhandener Düsternis zutiefst wärmende Musik wie diese ist wirklich selten. Ein Schatz, den man (ver)ehren sollte.

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