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One Foot In The Grave

Ich könnte ja jetzt einfach mal eine Rezi aus Klischeeworten zusammenschustern. Ihr wißt schon, Small-Talk-Phrasen wie „Tankard können offensichtlich auch nach über dreißig Jahren immer noch kein schlechtes Album machen“ oder „Tankard liefern einfach immer zuverlässige Qualität ab“. Viel mehr Mühe geben sich viele Kollegen nämlich mit einer Tankard-Rezension eh nicht. Und auch wenn beides natürlich irgendwo schon zutrifft, so tut man den Frankfurtern damit aber immer auch Unrecht, suggeriert es doch, daß es über alle Aben der Band immer nur das Gleiche zu sagen gibt.

„One Foot In The Grave“ setzt dabei den mit „A Girl Called Cerveza“ begonnenen zweiten Frühling der Band fort und kommt nicht nur mit jeder Menge Abwechslung, sondern auch mit einer Frische um die Ecke, die den Albumtitel erwartungsgemäß Lügen straft. Zwar ist jeder Song sofort aufgrund der Riffs und natürlich Gerres alterslosem Organ als Tankard-Kreation zu identifizieren, aber ansonsten geht „One Foot In The Grave“ so ziemlich alle Möglichkeiten durch, die der Bandsound hergibt – und manchmal darüber hinaus. Im Vergleich zum düster-aggressiven Vorgänger „R.I.B.“ gibt es hier wieder mehr Variation im Tempo, und jeder einzelne Song kommt diesmal mit einer höchst eingängigen Gesangslinie daher. Ein großes Lob auch einmal mehr für die bei Tankard immer interessante und unverwechselbare Gitarrenarbeit, die von punkigen Abrissbirnen über Bay Area- und Schweden-Riffing bis zu NWOBHM-Harmonien alles zu bieten hat, ohne dabei jemals in Selbstzweck auszuarten. Auch textlich gibt’s von der typischen Selbstironie – nur wenige Bands dürfen von Windeln aus schwarzem Leder singen – bis zu engagierten politischen Äußerungen wie im mit Iron Maiden-Schlag ausgestatteten Antikriegssong ‚Syrian Nightmare‘ die komplette Breitseite. In ‚Northern Crown‘ haben Tankard diesmal sogar einen waschechten Viking Metal-Song im Gepäck, für dessen Killer-Refrain selbst Johan „Hasi“ Hegg einmal nach Asa Bay und zurück reiten würde. In eine ähnlich epische Kerbe schlägt ‚The Secret Order Of 1516‘, was einmal mehr beweist, das auch ein alter Hund immer noch neue Tricks lernen kann. Für den Fan der „traditionellen“ Tankard gibt’s aber natürlich auch noch genügend puren, ungefilterten Thrash Metal wie ‚Arena Of True Lies‘, ‚The Evil That Men Display‘ oder ‚Don’t Bullshit Us!‘.

Vielleicht liegt es daran, daß keiner der vier Jungs darauf angewiesen ist, mit Tankard seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und die Band deshalb tatsächlich ohne kommerziellen Druck einfach nur genau das macht, auf was sie Bock hat? Auf jeden Fall präsentieren Tankard mit „One Foot In The Grave“ ein absolutes Pflichtalbum für Thrash-Fans. Nicht nur gehört die Scheibe zu den Höhepunkten der Banddiskographie, „One Foot In The Grave“ kommt mit einer Frische und Hitdichte um die Ecke kommt, die 99% der Konkurrenz dann wirklich alt aussehen lässt.

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