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Moonlight

Wieso erfinden sich Musiker überhaupt neu? Entweder, man hat genug von seinem eigenen alten Schaffen und möchte neue Horizonte entdecken. Oder – es gehen einem die Ideen aus. Letzteres könnte auf Hanni El Khatib zutreffen. Was in seinem starken Debütalbum ‚Head In The Dirt‘ noch nach lässigem Garagerock à la Arctic Monkeys klang, weicht nun schleppenden, düsteren und relativ einfallslosen – wie er es nennt – ‚Bluesrock‘-Nummern. ‚Moonlight‘ überzeugt in erster Linie durch seine Unausgeglichenheit. Während der erste Song ‚Moonlight‘ von einem trägen, nervigen, nicht endend wollenden Gitarrenriff geprägt ist und somit leider einer der schlimmsten Tracks gleich zu Beginn auftaucht, erinnert das darauf folgende ‚Melt Me‘ zum Glück wieder an seine alte Zeiten. Naja, wenn man anderthalb Jahre Abstand zum letzten Album überhaupt als lange Periode bezeichnen kann. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum einige Songs noch nicht ausgereift und ideenlos wirken. Immerhin ist eine Eigenschaft geblieben: Die melodischen Refrains sind immer noch keine Stärke von ihm.

Wenigstens ein paar Titel beweisen, dass noch immer die coole Sau in Hanni El Khatib steckt. Beispielsweise ‚Worship Song (No.2)‘, bei dem man sich verzweifelt fragt, wo denn die Nummer eins geblieben ist, sticht mit seinem bluesigen Salonstil und psychedelischem Trip im Walzerrhythmus ebenso heraus wie ‚Mexico‘, ein Kontrastlied mit ruhiger, fast schon entspannter Strophe und wuchtigem, wütendem Refrain, in dem ein Synthie-Triller wie eine Sirene dröhnt. Dazu liefert der Amerikaner palästinensischer Abstammung mit ‚Dance Hall‘ eine sexy-smoothe, sehr reduzierte Nummer, die gleich an die legendäre Tanzszene aus [i]Pulp Fiction[/i] erinnert.

Nun aber zu etwas doch Verwunderlichem: Wie schon beim Song ‚Penny‘ im letzten Album hat sich Hanni El Khatib wieder an einem ‚musikalischen Vorbild orientiert‘, um es mal diplomatisch zu formulieren. Da ‚Penny‘ durch seinen in Relation zum gesamten Album unglaublich fröhlich poppigen Charakter eh schon so stark aus der Reihe tanzte, nahm man es da nicht ganz übel. Hier wirkt es eher danach, dass El Khatib möglicherweise die Ideen ausgehen: in ‚Home‘ erklingt nämlich das gleiche etwas ausgelutschte Gitarrenriff, wie es schon in ‚Nanana‘ von My Chemical Romance auftaucht. Und wenn er bei seinem nächsten Album wieder etwas klaut, hat es zumindest Tradition.

Letztlich hat sich ‚Moonlight‘ noch relativ wacker geschlagen, aber an sein Debüt kommt es bei Weitem nicht ran. ‚Head In The Dirt‘ lieferte Ohrwürmer en masse und war viel mehr – Verzeihung – ‚auf die Fresse‘. Bei ‚Moonlight‘ ist es vielmehr ein Wechselspiel aus zum einen gelungenen Songs mit alten grungigen Elementen und zum anderen eher mühsam geschriebenen, unausgereiften Titeln. Vielleicht lässt sich Hanni El Khatib beim nächsten Album einfach ein bisschen mehr Zeit – und kehrt nebenbei komplett zum alten Stil zurück.

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