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Huch? Mehr als einer eher durchwachsenen Debüt-EP hatte es wohl nicht bedurft, um einige Fachleutchen und -leugner den nächsten halbwegs großen (Post-)Black-Metal-Hype ausrufen zu lassen. Nicht auszuschließen, dass geschlechtliche und/oder optische Aspekte in den Popularitätsanstieg der Dänin, die die Dunkelheit im Namen trägt, in der Männerdomäne hineingespielt haben. Oder das schöne Klavier. Hören ja viele gern, so ein Klavier. Und mittelalterlich anmutende Hooklines, wie sie hier auf ‚M‘ dazwischengebratscht werden, sind ja eh gerade wieder (oder erstmals?) wohnzimmerfähig – Game Of Thrones sei Dank.

Myrkur, die gerne mal öffentlich austeilt, wenn man ihr nicht auf Anhieb abnimmt, dass sie die gutturalen Gesangsparts eigenkehlig eingesungen habe, erhebt den Anspruch, etwas ganz Besonderes zu sein, musste sich aber zunächst einmal viel zu früh mit ihrem Klarnamen konfrontiert sehen. Da passt es gut ins Bild, wie die als im schnöden Pop beheimatete Amalie Bruun entschleierte Black-Metal-Hoffnung weniger als ein Jahr nach ihrem ersten diskographischen Lebenszeichen auf volle Länge und dort dann irgendwie verlorengegangen ist. So weit sollte das mit der Leichenblässe, so konfus sollte das mit dem Ätherischen sicherlich nicht gehen.

An Abwechslung mangelt es dabei ganz und gar nicht; der Ringelreigen von blastbeatbefeuertem Screaming, spukigen Instrumental-Tricksereien und hochmelodischen Chören, wie sie im Gothic- und Symphonic-Metal oft Verwendung finden, verleiht ‚M‘ zwar seine ganz eigene Schliffform. Doch allem Wiedererkennungswert zum Trotz kommt Myrkur aber auf Albumlänge irgendwie nicht so ganz aus dem Quark. Zu beliebig fallen die Wechsel, zu unmotiviert schlingert die Dramatik umher, zu links sind die beiden Pfoten der 1-Woman-Band beim Aufschrauben eines etwaigen Markenzeichens. Die Substanz dafür ließe sich zusammenkehren; allen voran die diabolischen, klanglich zerfetzten Momente sind atmosphärisch überaus wertvoll. Aber plötzlich wird dann Evert Taube am Klavier gecovert (‚Byssan Lull‘). Eine Gitarrenwand ploppt auf und kippt um. Ein Burgfräulein (Ist sie das etwa auch?) säuselt eitel. Und auf einen Schlag schächtet sich die Künstlerin im Sinne der Kunst, um wenige Taktstriche später so zu tun, als wäre nichts gewesen. Beim Kampf um das tragende Stück fliegt die gesamte Tracklist in der Vorrunde. Ulvers Kristoffer Rygg, besser bekannt als „Garm“, betreibt in seiner Rolle als Produzent nicht weniger als hochklassige Schadensbegrenzung. Aber auch nicht viel mehr.

Mit der Dauer des Albums wächst dann auch die traurige Gewissheit, dass ‚M‘ nicht viel mehr sein kann als akustische Wichsvorlage für untervögelte Schattengewächse, die nun glauben, sie wären einer neuen Musikrichtung gewachsen – und schneller verflogen ist als die Ausdünstung einer billigen Duftlampe vom okkulten Schnäppchenmarkt. Auch wenn einiges stark darauf hindeutet, so bleibt doch zu hoffen, dass dieser leidlich bemüht progressive Flickenteppich nicht schon die Entzauberung mit sich bringt.

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