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Inji

Um als Elektro-Musiker heutzutage noch richtig den Vogel abschießen zu können, muss man wahrscheinlich einen ähnlichen Weg wie Sam Dust gehen. Dieser erntete noch vor zehn Jahren allerlei Lorbeeren mit seiner New-Rave-Band Late Of The Pier, die bald darauf allerdings in der Versenkung verschwand. Wenig später reiste er in die hintersten Orte der Welt und verschrieb sich dem Einsiedlertum. Irgendwie entstanden fünf Nebenprojekte, von denen sich schließlich eines durchsetzte: LA Priest. Ein Name so eigensinnig wie der Typ dahinter selbst. Allein ein Blick aufs Albumcover seines Debüts ‚Inji‘ verleitet zu perplexem Kopfschütteln. Sam Dust überkreuzt seine in weiße Schlaghosen gehüllten Beine, ein Hündchen sitzt auf seinem Schoß und auf der Brust prangt eine fette Goldkette. Klingt eher nach schlechten Soaps der 80er und 90er, ist aber in Wirklichkeit Aushängeschild für den Inhalt seines Debüts. Eine Wundertüte, die alles zu offenbaren droht. Erwarten einen da jetzt ein kitschige Popbonbon, deeper House oder schnulzige Balladen?

Auf ‚Inji‘ verbinden sich eher zehn Songs, die zu einer organischen Masse an kuriosen Tönen zusammenwachsen. Auf seinen Reisen studierte LA Priest nicht nur die verlassene Landschaft Islands, Grönlands und Neuseelands, sondern sammelte elektromagnetische Störgeräusche in alten Bergarbeitersiedlungen. Diese absonderlichen Töne mischt Dust mit seiner eigens produzierten Musik, die jegliche Hektik seines vergangen Bandprojekts vermisst. Es überwiegen lässige und lockere Atmosphären. Mal haut er ordentlich Gitarre und Bass dazu, dann verlässt er sich wieder voll und ganz auf seine elektronischen Klänge. Auffällig ist dabei, dass LA Priest es versteht, alle möglichen Genres ordentlich zu durchmischen und zu verbinden. ‚Inji‘ ist ein Potpourri an Elektro, Disco, Pop, Funk und House. Einigen Songs mangelt es dadurch zwar an Struktur und sie enden in einem Wirrwarr an Geräuschen (‚Gene Washes With New Arm‘, ‚Lorry Park‘), andere hingegen mausern sich zu den neuen Tracks für warme Sommer- und coole Clubnächte (‚Party Zute/ Learning To Love‘, ‚Night Train‘).

LA Priest ist mit Sicherheit ein exzentrischer und komischer Kauz. Aber einer, der es trotzdem schafft, mit allerlei Kitsch und Pomp vernünftige Tracks zu zaubern – was ‚Inji‘ zu einem gelungen Debüt macht.

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