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Escape From Evolution (The Live Radio Broadcasts 1978 – 1991)

Die späten 1970er waren für Journey immer noch eine Übergangsperiode zwischen dem progressiven, fusionlastigen Hardrock der ersten drei Alben und den späteren AOR-Hochglanzperlen „Escape“ und „Frontiers“. Nirgends wird das deutlicher als auf vorliegender Doppel-CD, die zwei qualitativ ordentliche Journey-Bootlegs aus den Spätsiebzigern – plus ein paar Bonussongs von einem Trio-Auftritt 1991 – zusammenfasst.

Das Interessanteste daran ist natürlich, das bei den entsprechenden Gigs noch eine ganze Reihe Songs der Frühphase gespielt worden, die mit dem Ausstieg von Gregg Rolie (keys, vocals) nach dem „Departure“-Album ja komplett eingemottet wurden – und auch auf dem „Captured“-Livealbum unterschlagen wurden. So darf man sich neben Hits wie ‚Wheel In The Sky‘, ‚Lights‘ und ‚Lovin‘ Touchin‘ Squeezin“ eben auch über Songs wie ‚Next‘, das schön heavy dargebrachte ‚She Makes Me Feel Alright‘, ‚You’re On Your Own‘ und ‚Kohoutek‘ freuen. Die gewinnen nämlich tatsächlich durch Steve Perrys Backgroundvocals noch ein gutes Stück an Klasse. Apropos Perry: beide Mitschnitte zeigen das Goldkehlchen auf der Höhe seiner stimmlichen Kraft. Keine noch so hoher Ton der Studioversion wird unterschlagen, und alles klingt exakt genauso kraft- und gefühlvoll wie bei den Originalen. Respekt – die Konkurrenten Brad Delp und Bobby Kimball haben das – an anderer Stelle nachhörbar – auch in jungen Jahren live nie hingekriegt. Auch Neal Schon brennt ein echtes Gitarrenfeuerwerk ab, wie es ihm in den späteren Bandjahren nicht mehr vergönnt war.

Die Bonustracks vom Bill Graham Memorial Concert sind eine nette Dreingabe, hier traten nur Perry, Schon und Rolie-Nachfolger Jonathan Cain als Trio auf. Perrys Stimme präsentierte sich merklich tiefer, aber immer noch genauso ausdruckstark, und bis heute war dies der letzte Live-Auftritt von Journey mit Steve am Mikrofon. Allerdings kursieren diese Aufnahmen in deutlich besserer Qualität im Internet.

Soundtechnisch sind die beiden CDs für Radioübertragungen aus den späten 1970ern durchaus ordentlich. Die erste – und leider kürzere Show – von 1978 hat dabei klangtechnisch die Nase vorne. Auf CD 2 gibt es ein paar der Quelle geschuldete Lautstärkeschwankungen und generell ein weniger klares Klangbild, dafür rockt die Band mit Steve Smith an den Drums nochmal deutlich aggressiver. Schließlich mußte die Band sich ja damals auch gegen Supportacts wie Van Halen, Thin Lizzy, Blackfoot, Ted Nugent oder die Scorpions behaupten. Wären die Defizite im Sound nicht, würde „Escape From Evolution“ das oben erwähnte Klassiker-Livealbum sogar noch in der Pfeife rauchen. Den Die-Hard-Fan – und außer denen werden diese semioffiziellen Bootlegs ehedem niemand interessieren – werden die klangtechnischen Abstriche aber nur wenig stören, denn er/sie bekommt mit diesem auch optisch ordentlich aufgemachten Doppeldecker über zwei Stunden Journey aus ihrer spieltechnisch stärksten Phase. Rockt.

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