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Earthbound

Wenn es um persönliche Geschmäcker geht, sind Klishees – je nach Objektivierungs-Vermögen des Schmeckenden – nicht weit. Man möge dem Autor also verzeihen, wenn er, ohne wissenschaftliche Belege zu nennen ein großes Problem des Metalcore anspricht: Dorfkinder, die Ohren von grellgrünen Tunneln verunstaltet, die in Basketball-Shorts die Konzerthallen der großen Städte heimsuchen. Immer auf der Suche nach dem großen Abenteuer, das zwischen Brieselang und Neuruppin einfach nicht zu finden ist. Ganz gleich, ob diese Kinder, auch jene, die den US-amerikanischen Equivalenten zu ebendiesen Orten entspringen, auf oder vor den großen Bühnen stehen – sie sind dem Autor dieses Textes lästig.

Denn Metalcore, als Musikstil der Klargesang und rhythmische Finesse erfordert, benötigt fähige, erwachsene Musiker als Interpreten und eben keine gelangweilte Dorfjungend. Zumindest, wenn er angenehm klingen soll. Dass die unterbeschäftigte Dorfjungend im Gegensatz zur kulturgesättigten Nachwuchsgesellschaft aus den Agglomerationsräumen eher in Gefahr läuft schlechten Metalcore zu produzieren, ist hierbei das Klishee und muss deshalb nicht mit Fakten belegt werden – kann es auch gar nicht.

Fakt ist je doch, im Rahmen des Geschmacks des Autors, dass guter Metalcore zu allererst von erwachsenen Männern gemacht wird. So werden Knabenstimmen in Klargesangspassagen vermieden. Diesen Punkt haben Bury Tomorrow, über deren viertes Album “Earthbound” der Autor eigentlich schreiben soll, schon einmal erfüllt. Und das gibt den Engländern einen entscheidenden Vorteil gegenübern so vielen anderen Bands ihres Genres – denn wer hört sich freiwilig den Kinder-ESC an? Klar, der ESC ist generell streitbar, aber das Ganze mit Kindern zu veranstalten grenzt an Perversion.

Nach 246 über ein Album geschriebenen Wörtern, hat der Autor ziemlich wenig über dieses Album preisgegeben? Stimmt. Das liegt jedoch in erster Linie daran, dass es schwierig ist, diesem Tonträger etwas Berichtenswertes abzugewinnen. Sucht man nach etwas Bestimmendem, das die Musik der fünf Südbriten ausmacht, stößt man auf wenig Charakterisierendes. Durchschnittliches Riffing, keine besonders einprägsamen Melodiebewegungen, auch keine herausragende Rhythmik bestimmen die nach den aktuellen Regeln der Technik produzierte Musik. Radiotauglich ist wohl das Wort, mit dem der Sound aus Southampton beschrieben werden kann. Nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut. Immerhin erwachsen!

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