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Dysnomia

Dawn Of Midi arbeiten mit Uhrwerkspräzision. Jahrelang könnten sie spielen, ohne auch nur den Bruchteil eines Taktschlages vom Metrum abzuweichen. Melodische oder harmonische Anliegen verfolgen sie dafür auf ihrem Album ‚Dysnomia‘ keine. Es ist als Demonstration ihrer sturen Durchhaltekraft, ihrer manischen Rhythmustreue gedacht. Musik als Ausdauersport, nein, mehr noch: als Andeutung vom Ewigkeit ohne auch nur eine Spur pseudo-transzendentalen Gewäschs.

Alles nahm seinen Anfang im Jahr 2006, als Pianist Amino Belyamani, Kontrabassist Aakaash Israni und Schlagzeuger Qasim Naqvi sich am Kaliformischen Institut der Künste in L.A. über den Weg liefen und zum Tennisgespann entwickelten. Mit einer kleinen Besonderheit: Die drei spielten am liebsten Nachts. Und weil das anscheinend so gut funktionierte, überführten die Sportsfreunde ihre Ballwechsel in einen nahegelegenen Keller, wo sie das Licht löschten und die ihnen verbleibenden Sinne gänzlich mit ihren Instrumenten verschmelzen ließen. Die Folge war ebenjene Trance, von der diese neun zu einer nahtlosen Einheit verschmolzenen Tracks zeugen.

Der teils unorthodoxen Spielweise ist es zu schulden, dass die einzelnen Klänge oft nur mit Schwierigkeiten auf eines der Instrumente zurückzuführen sind, der eng am Metrum haftenden Repetition, dass dabei der Eindruck elektronischer Klangerzeugung entsteht. Die Frage, was nun Ton ist und was eigentlich zur Percussion gehört, entzieht sich entsprechend beharrlich der Beantwortung. Hin und wieder kokettieren Dawn Of Midi mit einem Ausbruch, nur um dann auch diesen als sich fortsetzenden Teil der hypnotischen Schablone auszuweisen.

Im Grunde ist auf ‚Dysnomia‘ ein in der Bewegung erstarrtes Perpetuum Mobile des Free-Jazz zu beobachten. Stimmig umgesetzt hat diese simulierte Stasis auch der für das Artwork verantwortliche Fabian Oefner, der einen rotierenden Bohrkopf Farbe auf eine Leinwand schleudern ließ und mithilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera ein Standbild des Geschehens anfertigte: Pedanterie und Wirrnis auf einem Fleck. Eine tolle Beobachtung, so man denn gewappnet ist.

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