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Dritte Wahl – Deutschpunk goes Scorpions

Das Aufwärmprogramm übernehmen die Newcomer G31 mit flottem Deutschpunk. Anfänglich sehr hüftsteif, wirken die fünf People auf der Bühne eher wie eine Schülerkapelle. Aber dank Inge am Mikro, die wie ein Derwisch über die große Bühne tanzt, kommt doch noch Stimmung auf. Die Hamburger versuchen sich über eine halbe Stunde lang vom typischen Deutschpunk mit seinen eintönigen Humpa-Beat zu lösen, was ihnen hin und wieder auch gelingt. Und genau dann, wenn sie ein wenig Tempo machen und einen anspruchsvolleren Rhythmus hinlegen, machen G31 Spaß. Dann löst sich der Fuß und beginnt sich im Takt zu bewegen genauso wie der Kopf. So sehen es auch viele Punks vor der Bühne und die Stimmung steigt über ein artiges Applaudieren hinaus. Zurecht. Zwar sind G31 noch ein Stück weit von Inner Conflict entfernt, aber da geht noch was.

„Die Pause zieht sich dann ein wenig, schließlich fahren die Scorpions des Punkrocks eine mächtige Show auf. Mit Glitzerkonfetti aus Kanonen wird ‚Scotty‘ gebeten, uns alle von dieser Erdenexistenz fortzubeamen. Der Volks-Chor in der GF36 steht den RoPiraten stimmkräftig bei und gibt sich über die folgenden zwei Stunden keine Blöße. Es folgt ‚Bad Boys Running Wild‘ aka ‚Halt mich fest‘, welches für die ersten Kornkreise im Pit sorgt. Wie schon bei ‚World Wide Live‘ starten Dritte Wahl mit aktuellen Smash-Hits wie ‚Zu wahr um schön zu sein‘ und ‚Wenn ihr wüsstet‘, nur um einen Klassiker in Form von ‚In Trance‘ oder ‚Störung‘ beiläufig einfließen zu lassen. Sie wissen halt, wie der Roggen Roll läuft. Eine Menge Tanzbeine werden inzwischen geschwungen, sogar vorm Tresen, wo es daher nur schwer möglich ist, an isotonische Durstlöscher zu gelangen. Die Rettungswege müssen frei bleiben, Jungs!

Ganze 15 Minuten müssen wir ‚Fliegen‘ bevor sich Dritte Wahl zum zweiten Akt auf der Bühne in schwarz-gelb gestreiften Leggings – es sind zum Glück nur einheitliche T-Shirts – einfinden, nur damit wir noch mal fünf Minuten singen dürfen. Das Resultat: trockene Kehlen und weiteres Konfetti im ‚Himmel über uns‘. Durst gelöscht, ‚Geblitzdingst‘ worden und dann bleibt die Zeit auch noch stehen. Das Beste, was an einem solchen Abend passieren kann. So langsam ufert die Party aus, immer mehr Isostar mit Schaum drauf wird beim Tanzen verschüttet. Aber: ‚Wir haben keine Angst, wir sind noch lange nicht still!‘ – die deutsche Version von ‚In Search of the Peace of Mind‘.

Auf der Bühne geben sich Gunnar und Stefan abwechselnd das Wort und wetteifern um den Zuspruch aus dem Volk. Leider fehlt die berühmte Gitarrenpyramide (Stefan und Holger unten und Gunnar auf deren Oberschenkel – erinnert ihr euch?), die in den 80ern ihr Markenzeichen war, als sie alle großen Festivals auf der Welt noch mit Hard Rock und Englisch mit deutschem Akzent bespielten. Die Zeiten sind vorbei, heutzutage begnügt man sich mit Schunkel-Songs über Kneipen am Hafen und ‚Sonne und Meer‘. Ist ja auch nicht zu verachten, wenn man bleibt wie man ist und statt Millionen nur noch ’25 Cent‘ in der Tasche hat. Im Hintergrund gibt Krel2000 den Takt vor und ist dabei aber nicht so eigenwillig wie sein Onkel HAL damals 2001. Aber zwei Stunden trommeln ist schon eine Leistung, die einem Respekt abverlangt. Holger eilt dafür den ganzen Abend von den Tasten wie bei ‚Holiday‘ aka ‚Wo ist mein Preis?‘ zu den sechs Saiten, um Gunnar den Rücken beim Erzählen lustiger Anekdoten frei zu halten. Die Stimmung ist auf allen Seiten bombastisch als ‚Auge um Auge‘ und ‚Greif ein‘ die Realität in diesem Land einfängt.

Und dann ist doch Schluss. Aber keiner geht. Feuerzeuge und melodisches Pfeifen begleiten den Auszug der Gladiatoren. Es weht ein ‚Wind of Change‘ durch die GF36. Dritte Wahl kamen, sahen und siegten. Aber wenn die andere Seite auch gewonnen hat, ist das doch mehr als nur ein Unentschieden. Es ist ganz einfach mal wieder ein großer Abend mit den Scorpions des Punkrocks gewesen. Happy 30th Birthday! Und Glückwunsch zur 10. Pladde!

Fotos: Christian Kühl

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