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Choosing Death – Die unglaubliche Geschichte von Death Metal und Grindcore geht weiter …

Bei „Choosing Death“ handelt es sich um eine überarbeitete und erweiterte Neuauflage (3 neue Kapitel mit über 100 Seiten) der ursprünglichen Erstfassung der gelobten Death-Metal-Dokumentation von 2004 (deutsche Fassung 2006) Der Autor und Musikjournalist Albert Mudrian ist Chefredakteur des US-amerikanischen Extreme-Metal-Magazins Decibel, das seine Gründung indirekt dem Erfolg der Erstausgabe von „Choosing Death“ verdankt und der ein profunder Kenner der Szene ist.

„Choosing Death“ richtet sich vorrangig an Fans und Interessierte der Szene und des Genres, die in den detaillierten Unmengen von Informationen über die Entstehung des Genres geradezu baden können. Obwohl auch mit Anekdoten aus zahlreichen Interviews mit den Gründern und Wegbegleitern der Szene nicht gespart wird, geht die schiere Fülle an Namen von Bands und Musikern an einigen Stellen etwas zu Lasten der unterhaltsamen Lesbarkeit. Für den Death-Metal-Junkie dagegen, der von eben jenen Details nicht genug bekommen, ist das Buch eine wahre Schatzgrube, das entlang der Bandgeschichten der prägenden Bands eine strukturierte und chronologische Geschichte des Genres dokumentiert. Ausgehend von den Gründungsvätern Napalm Death aus der Punkszene in England zeichnet das Buch akribisch den Aufstieg des Genres in Grossbritannien, den USA und Skandinavien nach. Mitte der 80er Jahre ist der Untergrund eine einzige Szene aus Musikern, Fanzines und ersten Labelgründungen, die sich durch Tapetrading auch international gegenseitig befruchten. Der einige Jahre zuvor blühende Thrash-Metal ist einigen visionären Teenagern nicht extrem genug. Es herrscht Aufbruchstimmung und Pioniergeist in der Musikszene und neue, extreme Bands spriessen allerorten aus dem Boden. Durch beachtlichen Erfolg im Untergrund entstehen Labels und Vertriebsstrukturen – als Anfang der 90er Jahre die amerikanischen Major-Labels das kommerzielle Potential entdecken, befindet sich das Genre bereits auf dem vorläufigen Zenit seiner Relevanz…

Die neuen Kapitel beschreiben die Wiederbelebung des Genres ab Mitte der 2000er Jahre und führen hier konsequent die Linie fort, die dafür mitverantwortlichen Personen und Bands wie dem ehemaligen Entombed-Drummer Nicke Andersson, Bloodbath, Cretin oder Noisem zu begleiten – allesamt Bands, die sich erneut an den Ursprüngen des Genres und dessen Emotionen orientieren. Über die Gewichtung der einzelnen Bands ließe sich wohl trefflich streiten. So wird in den ursprünglichen Kapiteln Napalm Death dermaßen stark gewichtet, daß man beinahe von einer Band-Biographie sprechen könnte. Die Auswahl der relevanten Bands in den neuen Kapiteln lässt ebenfalls ein wenig Stirnrunzeln zu, den sie erscheint teilweise willkürlich, wobei man natürlich anerkennen muss, daß die Trennlinien zwischen den Genres inzwischen deutlich unschärfer sind als bei der Entstehung Mitte der Achziger.

Der Autor trifft mit seiner Beschreibung der Szene allerdings den Nagel auf den Kopf, daß Death Metal wieder ein Undergroundphänomen ist. Dies hat sich in den letzten zehn Jahren durch neue Ausrichtungen wie technischem Death Metal oder Mischformen mit Black Metal wieder verbreitet, analog zur Tapetrading-Szene vor 30 Jahren ist heute das Internet zum Medium geworden, das die weltweite, kleine Szene miteinander vernetzt. Treffend abgerundet wird die für Szene-Freaks relevante Veröffentlichung mit einem schicken Artwork von Extreme-Metal-Artist Dan Seagrave und einer aktualisierten Liste der wichtigsten Death-Metal-Veröffentlichungen von 1985 bis 2015. Das sicher treffende Fazit von Mudrian: Das Genre ist 2016 immer noch (oder wieder) relevant.

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