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Ayreon Universe (Best-of-Live)

Ayreon-Mastermind Arjen Lucassen ist neben der Tatsache, dass der als extrem umgänglich geltende Multi-Instrumentalist als Perfektionist gilt, vor allem für eines bekannt: Dass er nicht Live auftritt. Zwar gab es erstmals 2016 die Live-Aufführung des 2004er-Albums „The Human Equation“ mit jeder Menge der an der Original-Aufnahme beteiligten Musiker – jedoch der Meister der Rock-Opera selbst war nicht auf der Bühne dabei. So kam es dann auch, dass die Ankündigung von drei Best-of-Ayreon-Konzertabenden unter Mitwirkung des Meisters höchstselbst für den September 2017 dafür sorgte, dass innerhalb eines Tages alle 9000 Tickets ausverkauft waren. Die Planungen und Vorbereitungen dauerten zwei Jahre, 30 Kameras filmten die drei Auftritte der zwei Dutzend professionellen Gastmusiker in Tilburg. Die erste Ayreon-Liverfahrung in 22 Jahren, ein wahrhaft besonderes Event bereits vor seinem Stattfinden.

Das eigentliche Konzert war dann ein 140-minütiges Best-of-Ayreon, die trotz der Herausnahme aus Konzeptalben wunderbar als Ganzes funktionierten. Das lag nicht alleine daran, musikalisch ausgewogen ruhige, theatralische und metallische Nummern ausgewählt zu haben, sondern auch daran, dass hier ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk aufgeführt wurde. Der riesige Monitor im Bühnenhintergrund spielte futuristisch anmutende Videoanimationen, an den Seiten der Bühne sorgten zwei riesige Roboterarme für zusätzlichen Eindruck. Dazu das übliche Effektfeuerwerk aus Lightshow, Nebelmaschinen und Feuerwerk – so war die Musik wundervoll in alles eingebettet.

Die wurde von einer überaus guten Begleitband, Solisten und sechzehn Sängerinnen und Sängern auf höchstem Niveau präsentiert, Namedropping muss in diesem Fall erlaubt sein: Da sangen Blind Guardians Hansi Kürsch und Nightwishs Marco Hietala zum mitteralterlich anmutenden ‚River of Time‘, Nightwish-Sängerin Floor Jansen das recht kurze ‚Merlin’s Will‘ und Katatonias Jonas Renkse und Anneke van Giersbergen präsentierten ‚Waking Dreams‘. Ebenfalls in mehreren Gesangsrollen dabei: Damian Wilson (ex-Threshold)und Tommy Karevik (Kamelot).

Das wunderbare Terzett von van Giersbergen, Marcela Bocio und Floor Jansen bei ‚Valley of the Queens‘ war dabei nur ein begeisterndes Beispiel für die häufig mehrstimmig (teilweise bis zu sieben Sängerinnen und Sänger) vorgetragenen Songs, die mit ihren Wurzeln in Rock-Opera und Musical natürlich genau dafür gemacht sind. Teilweise waren bis zu fünfzehn Personen auf der Bühne und sorgten für ein magisches Zusammenspiel und der genau richtigen Aufführung der epischen Stücke von Ayreon, so dass die ersten eineinhalb Stunden wie im Flug vergingen.

Ab ‚The Castle Hall‘, dem letzten Song des regulären Sets, war dann endlich der Meister im bodenlangen Mantel höchstselbst an der Stromgitarre dabei. Von Zurückhaltung oder dessen berühmt-berüchtigtem Lampenfieber war zunächst wirklich gar nichts zu spüren. Der blonde Hüne feuerte „sein“ Publikum an, sang seine Texte mit und genoss die ganze Chose am Strahlen seines Gesichts gemessen offensichtlich sehr. Vor den Zugaben, von denen bei der ersten Lucassen nochmals selbst dabei war, hielt Lucassen dann doch sichtlich berührt eine kleine Ansprache zu Entstehung des Projekts, in dem einmal mehr dessen unglaublich sympathische Bescheidenheit zu Tage trat. Mit ‚The Eye of Ra‘ fand der Abend dann mit allen Sängern einschliesslich Lucassen selbst nach rund 140 Minuten seinen würdigen Abschluss.

Die Aufzeichnung des Konzertabends ist in den üblichen Formaten CD, Vinyl, DVD und Bluray verfügbar, die Film-Aufzeichnungen beinhalten noch Bonusmaterial wie Interviews mit den Musikern und Mitschnitte aus der Generalprobe und sonstiges Behind-the-Scenes-Material. Bild und Sound sind erstklassig, letzterer wurde von Lucassen selbst in DTS 5.1 abgemischt. Sowohl Inhalt, Form und Aufmachung stimmen hier also und lohnen den Kauf absolut!

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